Mit Reinigungsmitteln aus dem Haushalt gelangen jährlich Tonnen von Chemikalien in unser Abwasser und über den Ablauf der Kläranlagen teilweise auch in unsere Gewässer. Von dort finden sie über kurz oder lang den Weg ins Grundwasser und stellen die Trinkwasserversorger vor Probleme. Martina Steinbach, Umweltingenieurin und Abteilungsleiterin Wassergüte bei Hessenwasser erläutert die Situation am Beispiel von Sulfamidsäure.
Frau Steinbach, von Sulfamidsäure haben wohl die wenigstens von uns bisher je gehört. Was ist das?
Sulfamidsäure ist ein effektiver Entkalker und in vielen handelsüblichen Reinigern und Entkalkungsmitteln enthalten. Er dient zum Beispiel zum Reinigen industrieller Wärmetauscher, aber auch im Haushalt wird er oft verwendet, zum Beispiel als WC- und Badreiniger oder zur Entkalkung von Kaffeemaschinen. Vor allem Entkalker für Kaffeevollautomaten enthalten Sulfamidsäure, unter anderem weil diese die empfindlichen Oberflächen der Geräte nicht so schnell angreift.
Warum bereitet Ihnen der Stoff in puncto Wasserqualität Sorge?
Der Stoff ist in der Umwelt persistent, das heißt, er wird nicht abgebaut. Über die Kläranlagen gelangt Sulfamidsäure dadurch unverändert in die Gewässer und damit auch irgendwann ins Grundwasser, die wichtigste Ressource für unser Trinkwasser.
In der Trinkwasseraufbereitung kann die Substanz selbst mit aufwändigen Verfahren wie Ozonung und Aktivkohlefiltration nicht gut aus dem Wasser entfernt werden. Zwar wird die Toxizität (gesundheitsschädigende Wirkung) als gering eingeschätzt, dennoch muss der Eintrag in die Gewässer reduziert werden, denn auf Dauer ist der Stoff schädlich für Wasserorganismen.
Und ehrlich: Welcher Verbraucher freut sich über Spuren von Sulfamidsäure im Trinkwasser auch wenn sie für den Menschen unbedenklich ist.
"Unser Umgang mit Konsumprodukten hat großen Einfluss auf die Ressource Wasser. Alle Substanzen, mit denen wir in der modernen Konsumgesellschaft umgehen, landen früher oder später im Grundwasser, der wichtigsten Ressource für unser Trinkwasser."
Martina Steinbach
Wie kann man einen geringeren Eintrag in den Wasserkreislauf erreichen?
Hier sind die Verbraucher gefragt. Dass sie einen Entkalker nutzen, der Sulfamidsäure (auch Amidosulfonsäure oder Amidoschwefelsäure genannt) enthält, wissen die Anwender in der Regel nicht, denn es gibt keine spezifische Kennzeichnungspflicht. Deshalb lohnt es sich, die Produktetiketten von Entkalkern aufmerksam auf die Inhaltsstoffe hin zu überprüfen. Wer zu Mitteln mit Zitronen- oder Essigsäure greift, nutzt umweltfreundliche Alternativen. Sie sind mindestens genauso wirksam und oft sogar preiswerter als Entkalker mit Sulfamidsäure. Und das gilt gleichermaßen für alle anderen Reinigungsmittel.
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