Trockenheit

Haben wir genügend Trinkwasser?

Der Regen bleibt aus

Sommer 2018: wochenlang kein Niederschlag. Sommer: 2019 kaum Regen, dafür außergewöhnliche Hitze mit neuen Temperaturrekorden.
Frühjahr 2020: sonnenscheinreichste Monate seit 1951. Frühsommer 2022: Die ersten Wasserversorger rufen zum sparsamen Umgang
mit Trinkwasser auf, lange bevor die wirklich heiße Jahreszeit begonnen hat.

Geht uns mit der Trockenheit das Trinkwasser aus? Auf was müssen wir uns vorbereiten?
Und was passiert, wenn tatsächlich kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt?

Begleiten Sie uns auf unserer Reise zu den Brennpunkten des Wassermangels
und erfahren Sie mehr zu den Zusammenhängen zwischen Wasser, Wirtschaft und Leben.

Das Klima verändert sich

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und das Wetter eines Jahres sagt nichts über das Klima aus. Denn erst aus der langjährigen Beobachtung von Wetterdaten lassen sich Aussagen zum Klima treffen.

„Klima ist die Zusammenfassung der Wettererscheinungen, die den mittleren Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort oder … Gebiet charakterisieren.

(Deutscher Wetterdienst)

Doch was die Wissenschaft sagt, ist eindeutig: Zwar nehmen Niederschläge und damit der Nachschub für unsere Trinkwasserressourcen in der Gesamtmenge nicht unbedingt ab, aber sie werden in Zukunft ganz anders verteilt sein, als wir es kennen. Das Wasser wird nicht mehr dort ankommen, wo wir es brauchen und es wird nicht dann ausreichend zur Verfügung stehen, wenn wir es am dringendsten benötigen.

 

Was Wissenschaftler sagen

  • Die Niederschlagsmenge insgesamt verringert sich nicht, es ist sogar ein leichter Anstieg bis zum Ende des Jahrhunderts zu erwarten.
  • Die Wintermonate werden tendenziell feuchter. Eine Zunahme der Winterniederschläge um bis zu 20 Prozent bis 2060 ist möglich.
  • Vor allem im Frühjahr aber bleiben die Niederschläge zunehmend aus. Lang anhaltende Trockenperioden treten genau dann auf, wenn die Pflanzen das meiste Wasser brauchen.
  • Regional begrenzte, extreme Wetterlagen werden in ihrer Häufigkeit zunehmen.

Wenn das Wasser ausbleibt ...

Die Quellen unseres Trinkwassers

Trinkwasser gewinnen wir in Deutschland zum überwiegenden Teil aus Grundwasser. Die Tiefen, aus denen dieses Wasser entnommen wird, reichen von einigen wenigen Metern bis weit über 100 Meter. Abhängig ist das von der Lage und Qualität der grundwasserführenden Schicht.

Der restliche Teil unseres Trinkwassers wird aus Oberflächenwasser gewonnen. Hinter diesem Begriff verbirgt sich das Wasser aus Quellen, Seen und vor allem aus Talsperren, in denen Wasser ausschließlich für diesen Zweck gespeichert wird. 

Jährlich werden in ganz Deutschland rund fünf Mrd. Kubikmeter Trinkwasser für die öffentliche Wasserversorgung aufbereitet. Das entspricht etwa drei Prozent allen Wassers, das uns hier zur Verfügung steht. Weitere elf Prozent werden durch nicht öffentliche Nutzer gebraucht. Dazu zählen zum Beispiel Landwirte, die Wasser aus Brunnen direkt entnehmen oder Industrieunternehmen, die Wasser für ihre Produktionsprozesse beziehen.

Es verbleiben also 86 Prozent an ungenutztem Wasserpotenzial. Mehr als genug für einen sorgenfreien Blick in die Zukunft? Man könnte es meinen, doch so einfach ist das nicht.

Quelle: Destatis 2022

Quelle: Destatis 2022
Quelle: Destatis 2022

Quelle: Destatis 2022

Wasser ist ein gefragtes Gut,
das ungleich verteilt ist

Bevor ein Wasserversorger eine neue Quelle anzapfen kann, um mehr Rohwasser zur Verfügung zu haben, müssen viele Bedingungen erfüllt sein:

Wasserrechte / Wasservorkommen

Es muss überhaupt ausreichend Grundwasser vorhanden sein. Nicht überall in Deutschland kann man auf reiche Wasservorkommen zurückgreifen, wie ein Blick auf die Karte zeigt. In diesem Fall kommt nur der Bezug von Wasser aus entfernteren Quellen, sogenanntes Fernwasser, in Frage.
Und auch wo Grundwasser vorhanden ist, kann nur so viel entnommen werden, wie in einem Jahr durch Niederschläge wieder neu gebildet wird. Das zu bewerten, obliegt den Wasserbehörden der Länder, die die Genehmigungen für Wasserentnahmen erteilen.

Wasserqualität

Nicht überall, wo es ausreichend Wasser gibt, ist es auch dazu geeignet, Trinkwasser daraus zu gewinnen. So gibt es im Nordwesten der Republik Gebiete, die aufgrund der intensiven Landwirtschaft zu stark mit Nitrat belastet sind. Anderenorts sind es Bergbaufolgen oder Industriealtlasten, die die Gewinnung von Trinkwasser unmöglich machen.

Aufbereitungs- und Ableitungskapazitäten

Wasserwerke, Wasserspeicher und Leitungen sind auf eine bestimmte Kapazität ausgelegt. Ihnen liegt der Bedarf zugrunde, der bei ihrer Planung vorhanden war. Ein veränderter oder steigender Bedarf wie auch die Erschließung neuer Quellen müssen mit Neubaumaßnahmen begleitet werden, die allein aufgrund der Dimensionen Millionensummen erfordern.

Spitzenlasten und Planungssicherheit

Extreme Wetterbedingungen resultieren in der Wasserversorgung in extremen Bedarfen, jedoch meist nur an wenigen Stunden oder Tagen des Jahres. Die Infrastruktur, die für die Abdeckung dieser Spitzen notwendig ist, bleibt an allen anderen Tagen des Jahres ungenutzt. Dennoch muss sie unterhalten werden. Ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis zu definieren, ist eine große Herausforderung.

 Bevor man also die Erschließung neuer Quellen ins Auge fasst, wird zunächst auf das Ertüchtigungs- und Erweiterungspotenzial der vorhandenen Infrastruktur geschaut. Und hört man sich bei den Verbänden und Unternehmen der Wasserwirtschaft um, so passiert hier bereits sehr viel.

Grundwasserleiter
Grundwasservorkommen in Deutschland
Quelle: BGR
Nitratbelastung der Böden in Deutschland
Quelle: Umweltbundesamt
Regenwassermanagement in Neubauquartieren
Renaturierung von Flüssen und Bächen
Bau neuer Wasserleitungen
Erhalt von Auen und Überflutungsflächen
Rückverlegung von Gewässern
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In Zusammenarbeit mit den Kommunen werden Rückhalteflächen geschaffen, um Regenwasser nicht ungenutzt abfließen zu lassen. Die Stadt Berlin hat dafür sogar eigens eine Regenwasseragentur gegründet, die sich um den Umbau der Stadt zur „Schwammstadt“ kümmert, also dafür Sorge trägt, das anfallendes Niederschlagswasser zurückgehalten und gespeichert wird, anstatt es zu kanalisieren und abzuleiten.

Wasserwerke werden vielerorts erweitert oder gar neu gebaut. Zudem schaut man vermehrt zu den Nachbarn, um größere überregionale Verbünde zu schaffen, die sich im Bedarfsfall unterstützen können. In die Jahre gekommene Brunnen und Speicher werden ertüchtigt und massiv ausgebaut und – auch das ist neu – man ruft vermehrt zum sorgsamen Umgang mit der wertvollen Ressource auf.

Selbst politisch blickt man wieder aufs Wasser. Gerade entsteht eine Nationale Wasserstrategie, die den Weg zur Sicherung der Trinkwasserversorgung und den besseren Schutz der Wasserressourcen bis 2050 aufzeigen soll. In den Blick genommen wird unter anderem die verstärkte Nutzung und Verteilung von Nutz- und Brauchwasser für die Bewässerung und die Industrie.

Und schließlich rückt auch der Preis des Wassers mehr und mehr in den Mittelpunkt.

Wert und Preis des Wassers

Aktuell bezahlen wir im Durchschnitt 0,2 Cent pro Liter sauberes Trinkwasser. Auch das ist ein Grund, warum der Umgang mit der Ressource oftmals noch verschwenderisch ist. Solange das Wasser aus dem Hahn kommt, gibt es kaum einen Anreiz, sorgsam damit umzugehen. 

Aber mit jedem Trockenjahr steigt auch der Wert des Wassers. Ein bewussterer Umgang, gepaart mit Maßnahmen zum besseren Ressourcenschutz und einer nachhaltigeren Nutzung wird die Grundlage dafür sein, dass auch in Zukunft noch genügend Wasser aus dem Hahn läuft.

Recherchequellen / Informationsmaterial

Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), Expertengruppe „Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft“ & Ständiger Ausschuss „Klimawandel“ (LAWA-AK): Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft. Bestandsaufnahme, Handlungsoptionen und strategische Handlungsfelder, 2020

BDEW: www.bdew.de

Deutscher Wetterdienst: www.dwd.de/DE/klimaumwelt

DVGW: www.dvgw.de

Umweltbundesamt (Hrsg): Niedrigwasser, Dürre und Grundwasserneubildung – Bestandsaufnahme zur gegenwärtigen Situation in Deutschland, den Klimaprojektionen und den existierenden Maßnahmen und Strategien. Abschlussbericht, 2021

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