Schatz aus der Tiefe

Die Erde verfügt über unendliche Wasserressourcen, doch für den Menschen nutzbar ist nur ein sehr geringer Teil davon. Nur 2,5 Prozent des verfügbaren Wassers auf der Erde ist Süßwasser, wovon wiederum drei Viertel als Eis in Gletschern und den Poleiskappen gebunden sind. Tatsächlich hängt unser Leben also von einer sehr geringen Menge Wasser ab. Und dies liegt größtenteils verborgen tief unterhalb der Erdoberfläche – das Grundwasser.

Grundwasser ist das Wasser, das die Hohlräume im oberen Bereich der Erde – der Lithosphäre –zusammenhängend ausfüllt. Es entsteht durch Versickerung von Oberflächenwasser im Boden. Es ist also entweder einmal Regen- oder Fluss- und Seenwasser gewesen. Aufgrund der Schwerkraft rinnt dieses Wasser so lange durch Poren und Klüfte im Untergrund, bis es irgendwann auf wasserundurchlässige Schichten trifft. Hier sammeln sich die Tropfen und bilden ein Grundwasserreservoir.

Je nach Tiefe und Dichte des Bodens kann dieser Vorgang von wenigen Tagen bis hin zu Jahrzehnten oder Jahrhunderten reichen. Auf seinem Weg in die Tiefe wird das Wasser gereinigt. Zunächst bleiben Schwebstoffe und festere Bestandteile in den obersten Bodenschichten hängen. Danach erfolgt eine mikrobielle Reinigung – Inhaltsstoffe werden unter Zuhilfenahme von Sauerstoff durch Kleinstlebewesen zersetzt.

Unsichtbare Gefährdung

Welche Vorgänge sich genau im unteren Erdreich abspielen, ist vielfach noch unerforscht. Klar ist aber, dass die unterirdische Lebensgemeinschaft aus Bakterien, Pilzen und winzigsten Ein- und Mehrzellern, die für die Reinigung des Wassers so unverzichtbar ist, stark an die speziellen Lebensbedingungen angepasst ist. Schon kleine Veränderungen durch uns Menschen können schwerwiegende Folgen für die unsichtbaren Helfer unterhalb der Erde haben.

Vor kurzem erst haben Forscher zum Beispiel herausgefunden, dass sich durch den Klimawandel und die stärkere Erwärmung auch das Grundwasser erwärmt.* Da die Lebewesen im Grundwasser konstante Temperaturen in einem engen Temperaturbereich gewöhnt sind, sind Veränderungen in den unterirdischen Lebensgemeinschaften und damit auch Veränderungen in der Reinigungsleistung des Ökosystems nicht auszuschließen.

Neben den Auswirkungen des Klimawandels, zu denen auch eine geringere Grundwasserneubildung aufgrund erhöhter Verdunstung zählt, gibt es weitere, menschengemachte Bedrohungen:

  • Pflanzenschutzmittel und ein Überangebot an Nährstoffen und Biomasse aus der Landwirtschaft können während der Bodenpassage nicht ausreichend abgebaut werden und verbleiben im Grundwasser. Aktuelles Beispiel: Nitrat
  • Rückstände und Altlasten aus Deponien oder Industrieanlagen treten aus. Zum Zeitpunkt der Ablagerung war oft der technische Standard weniger hoch als heute und teilweise war die Brisanz mancher Stoffe noch nicht bekannt.
  • Auswaschungen aus Baustoffen und sonstigen Industrieprodukten sorgen vor allem bei Großbauprojekten gelegentlich für Probleme, die erst durch den großen Maßstab der Vorhaben zu Tage treten.
  • Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen und undichte Abwassertechnik lassen lokal gefährliche Stoffe in den Boden gelangen.
  • Rückstände und Abbauprodukte aus Pharmazeutika, Arzneimitteln und Industriechemikalien können in Kläranlagen nicht zu 100 Prozent entfernt werden. Sind sie nicht biologisch abbaubar, gelangen sie ungehindert ins Grundwasser.
  • Absenkungen aus Tagebauen und Bautätigkeiten zerstören aufgrund ihrer Dimension den Grundwasserhaushalt ganzer Regionen.
  • Flächenversiegelung verhindert die ausreichende Versickerung von Regenwasser und damit die Grundwasserneubildung.
"Spucke nicht in den Brunnen, Du wirst selbst daraus trinken müssen."

russ. Sprichwort

70 Prozent unseres Trinkwassers in Deutschland stammt aus Grundwasser. Wo so viele Menschen von der Qualität des Grundwassers abhängig sind, ist deshalb ein vorausschauender Grundwasserschutz oberstes Gebot. Denn auch wenn das Wasser in Wasserwerken noch einmal aufbereitet wird, um Trinkwasserqualität zu gewährleisten, gibt es auch hier technische Grenzen. Wasserversorger schlagen deshalb sehr frühzeitig Alarm, auch wenn zunächst nur geringe Spuren von Schadstoffen im Wasser gefunden werden, die keinerlei gesundheitliche Relevanz haben. Die Experten wissen jedoch: Was einmal im Wasserkreislauf angelangt ist, lässt sich nur mit hohem Aufwand entfernen.

Es lauern darüber hinaus unsichtbare Gefahren: Wirkweisen von neu in Umlauf gebrachten chemischen Substanzen sind meist erst Jahre später vollumfänglich sichtbar und Wechselwirkungen verschiedenster Substanzen in der Umwelt sind bisher sogar weitgehend unerforscht. Um eine Bedrohung für unser Trinkwasser auszuschließen, müssen Schadstoffe deshalb so weit wie möglich vom Wasserkreislauf ferngehalten werden.

Neben all den Vorkehrungen, die dafür aufseiten der Behörden, Anwender und Wasserversorger getroffen werden, kann auch jeder Einzelne etwas für den Erhalt sauberen Grundwassers tun. Das beginnt bei der richtigen Anwendung und Entsorgung von Chemikalien im Haushalt (dazu gehören Reinigungsmittel, Farben, Arzneimittel, Batterien etc.) und endet bei der gezielten Auswahl von Produkten, die schadstofffrei und biologisch abbaubar sind.

*Hemmerle, H., Bayer, P. Climate Change Yields Groundwater Warming in Bavaria, Germany. Frontiers in Earth Science (2020)

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